Der Herr der Daten – Performance-Manager Paul Störchle im Interview


Seit September 2021 ist er Teil des schwarz-weißen Betreuerstabs: Paul Störchle leitet die sogenannte Performance-Abteilung beim LASK. Was sich dahinter genau verbirgt, was GPS-Sensoren und „Key Performance Indicators“ damit zu tun haben und über welche Features der Raiffeisen Arena er sich am meisten freut, verrät er im Interview:

 

Paul, Du bist nach Stationen in der AKA St. Pölten und den ÖFB-Nachwuchsnationalteams vor eineinhalb Jahren zum LASK gekommen und leitest unsere Performance-Abteilung. Was genau verbirgt sich hinter diesem Begriff?

Die Performance-Abteilung vereint bei uns im Verein die medizinische, die ernährungswissenschaftliche und die sportwissenschaftliche Abteilung. Als Leiter ist es eine meiner Aufgaben, die Abläufe zu optimieren und für die bestmögliche Abstimmung der drei Bereiche zu sorgen.

 

Mit welchen LASK-Betreuern arbeitest Du dabei am engsten zusammen?

Einerseits natürlich mit den Athletiktrainern. Da spreche ich nicht nur von Jan Kollmann, dem Athletiktrainer unserer Profis, sondern vom ganzen Verein. Von unserer U14 über die LASK Akademie OÖ und die Amateur-Mannschaft bis hin zu den Profis bin ich mit allen Athletiktrainern im Austausch. Auch unser Ernährungscoach Thomas Dürhammer ist für mich ein wichtiger Ansprechpartner, genauso wie unsere Mannschaftsärzte und Physiotherapeutinnen und Physiotherapeuten.

 

Bleiben wir bei den Athletiktrainern. Wie sieht da eure Aufgabenteilung aus?

Ich bin dafür verantwortlich, das Gesamtkonzept für den LASK zu erstellen, also eine Art „physische DNA“ des Vereins, die wir in allen Altersgruppen bis hin zur Profimannschaft implementieren. Unsere Athletiktrainer sind dann für die konkrete Umsetzung des Konzepts in den Trainings- und Athletikeinheiten zuständig. Messbar wird das Ganze durch sogenannte „Key Performance Indicators“, sprich Leistungskennzahlen. Dazu zählen z.B. die Daten, die wir in jedem Spiel und jedem Training über GPS-Sensoren erhalten. Auch sportmotorische Testergebnisse und der „Trainingsload“, der uns Auskunft über die Trainingsbelastung bzw. -intensität gibt, sind solche KPIs. Hinsichtlich dieser KPIs gibt es bestimmte Vorgaben, die Athletiktrainer haben dann in ihrer tagtäglichen Arbeit freien Spielraum, um diese Zielvorgaben zu erreichen.

Vom Nachwuchs bis zur Profi-Mannschaft reicht das Aufgabengebiet von Paul Störchle, hier bei Testungen mit Amateure-Kicker Georg Braun. 

 

Wie funktioniert das mit den Daten genau – wo bekommt ihr die her?

Unsere Spieler tragen einen GPS-Sensor am Rücken, der uns sowohl Positionsdaten als auch Geschwindigkeitsdaten liefert: Wie viele Kilometer legt der Spieler mit welcher Geschwindigkeit zurück, wie viele Sprints absolviert er und so weiter. Zusätzlich haben wir auch die Möglichkeit, mittels eingebauter Beschleunigungssensoren weitere Daten zu erheben, auch Herzfrequenzen können wir messen. In einem Training mit zirka 90 Minuten sammeln wir auf diese Art rund eine Million Daten.

 

Wie bereitet ihr diese Unmenge an Daten auf, um dem Trainerteam aufschlussreiche Ergebnisse zu liefern?

Dazu nutzen wir ein spezielles Computerprogramm, in das wir unsere Rohdaten einspielen. Diese Rohdaten können wir dann mit Filtern, die wir ganz an unsere Bedürfnisse anpassen können, für das Trainerteam aufbereiten. Und zwar so, dass die essenziellen Informationen auf einen Blick bereitstehen. Welche Infos das sind, hängt davon ab, welche Trainingsform analysiert wird: Wir unterscheiden z. B. im Training zwischen „Großfeldspielen“ und „Kleinfeldspielen“ – je nach Trainingsform untersuchen wir dann andere Datenbereiche.

 

Kannst Du uns beispielhaft erklären, welchen Einfluss die von euch gewonnenen Daten auf die Trainingsarbeit haben?

Der Wert „Distanz pro Minute“ ist beispielsweise sehr wichtig. Er sagt uns, ob der Spieler mit der von uns gewünschten Intensität agiert. Ein konkretes Beispiel aus dem Training: Wenn wir eine sechsminütige Spielform durchführen, dann sollten die Spieler eine gewisse Kennzahl, z. B. 130 Meter pro Minute erreichen. Je kürzer die Spielform dauert, desto höher ist die Kennzahl; je länger, desto niedriger. Da wir den Wert live während des Trainings beobachten, können wir so auch abschätzen, ob die Trainingsintensität hoch genug ist oder ob wir die Jungs mehr pushen müssen.

 

Auf der Trainerbank habt ihr auch ein Tablet mit dabei, das euch während des Spiels Live-Performance-Daten der Spieler anzeigt. Wie werden diese Daten verwendet?

Einerseits spielen die Live-Daten bei Spielern eine Rolle, die nach längerer Verletzungspause wieder zum Einsatz kommen und noch keine vollen 90 Minuten absolvieren sollten. Hier definieren wir vorab einen Belastungswert, den der Spieler erreichen darf – zeigen uns die Daten an, dass der Wert erreicht ist, geben wir dem Trainer Bescheid. Außerdem arbeiten wir mit 15-Minuten-Intervallen: Wir können in Echtzeit beobachten, ob die Leistungsintensität eines Spielers im zeitlichen Verlauf konstant bleibt oder ob sie abnimmt. Registrieren wir eine starke Abnahme, können wir dem Trainer rückmelden, dass der jeweilige Spieler müde wird. Umgekehrt kann uns auch der Trainer jederzeit den Auftrag geben, die Leistungsdaten eines Spielers zu untersuchen, wenn er das subjektive Gefühl hat, dass die Intensität nachlässt. Die Entscheidung, ob gewechselt wird, liegt klarerweise immer beim Cheftrainer.

 

Wagen wir zum Abschluss einen Blick in die glorreiche Zukunft – die Zukunft in der Raiffeisen Arena. Welche Möglichkeiten bieten sich der Performance-Abteilung nach dem Endausbau in unserer neuen Heimstätte?

Im Athletik-Bereich freuen wir uns natürlich ganz besonders auf unser neues Schmuckstück, die Kraftkammer. Dort warten rund 500 Quadratmeter Grundfläche auf uns, was es uns ermöglicht, mit der gesamten Mannschaft Athletik-Einheiten durchzuführen. Bisher mussten wir das in Gruppen abwickeln. Direkt neben der Heimkabine steht uns zudem ein eigener Aktivierungsraum zur Verfügung, den die Spieler kurz vor Spielbeginn benutzen werden – auch das ist neu. In einem weiteren Bereich setzt die Raiffeisen Arena österreichweit neue Maßstäbe: Unsere Spieler werden Tageszimmer haben – somit können wir uns am ganzen Matchtag in der Raiffeisen Arena aufhalten, was ein großer Vorteil in puncto Fokus und Regeneration ist. Abgesehen von all den neuen Möglichkeiten freuen wir uns natürlich riesig über die Atmosphäre, das war in den ersten beiden Heimspielen schon genial.