„Es war mein Kindheitstraum“


Mit freundlicher Unterstützung von Mibag dürfen wir dieses spannendes Gespräch mit dem ehemaligen LASK-Torhüter Pavao Pervan veröffentlichen.

Pavao Pervan hat vergangenen Sommer den Schritt gewagt. Als Kapitän des LASK wechselte der Fußballtorhüter von Oberösterreich in die Deutsche Bundesliga. Auf Heimatbesuch traf er sich mit dem mag und sprach über den alltäglichen Druck in einer der besten Ligen der Welt und seinen Ausbruch aus der Komfortzone.

Pavao Pervan, Sie waren viele Jahre lang un- umstrittener Kapitän und Leitfigur des LASK. Im Sommer haben Sie die Chance genutzt, in die Deutsche Bundesliga zu wechseln. Warum?

Für mich war das alles sehr überraschend damals. Es war mir aber relativ schnell klar, dass ich die Chance ergreifen möchte. Es war einer meiner großen Kindheitsträume, einmal Teil einer der besten Ligen der Welt zu werden. Gerade wenn man in Österreich aufwächst, sieht man immer wieder im Fernsehen, wie viele Zuschauer in Deutschland in die Stadien pilgern und welche Art von Fußball dort gespielt wird. Insofern war es keine schwierige Entscheidung. Erst im Nachhinein ist mir bewusst geworden, was ich hinter mir lasse. Denn natürlich hat es weh getan, den LASK zu verlassen. Ich habe mit diesem Verein gelebt und war hier sehr gerne Kapitän.

Sie haben es selbst bereits gesagt – die Deutsche Bundesliga gehört zu den besten Ligen der Welt. Was bedeutet es für Sie, Teil einer solchen Liga zu sein?

Wahnsinnig viel. Manchmal muss ich mich selbst noch kneifen, weil ich es nicht glauben kann. Es war ein steiniger Weg bis dorthin. Ich bin jetzt
sehr froh darüber, kann es noch mehr schätzen, genießen und jeden einzelnen Moment aufsaugen. Es ist einfach beeindruckend, auf welchem hohen Niveau gespielt und gearbeitet wird. Man merkt, 43wie man sich ständig weiterentwickelt. Das zu beobachten, motiviert einen noch mehr, noch härter an sich zu arbeiten und lässt einen selbst auch besser werden.

Im September haben Sie gegen Bayer Leverku- sen beim 3:1-Auswärtssieg Ihr Debüt für den VfL Wolfsburg gefeiert. Es hätte also kaum besser laufen können. Was sind Ihre Erinnerungen?

Es war der Tag, auf den ich lange hingearbeitet hatte, ich durfte mich beweisen. Ich habe mir vor- genommen, nur positive Gedanken zuzulassen. Die Rückmeldungen waren gut, natürlich hätte ich am liebsten 3:0 gewonnen und kein Gegentor bekommen, aber das ist Jammern auf hohem Niveau. Ich bin froh, dass wir gewonnen haben, was gerade bei so einem Gegner nur noch mehr dazu beiträgt, dass man sich gerne zurückerinnert.

In Österreich spielt man nur selten vor mehr als 20.000 Zuschauern, in Deutschland vor bis zu 80.000 Menschen. Spürt man da einen anderen Druck?

Wenn man nicht so oft vor vielen Zuschauern gesspielt hat, merkt man das auf alle Fälle. Die Druck-44 situation ist anders, aber es verhält sich ähnlich wie mit der Qualität im Training: Man passt sich an und rasch ist es so, als wäre es nie anders gewesen. Es ist ein sehr positiver, ein schöner Druck, den sich eigentlich jeder Sportler wünscht.

Sie waren beim LASK Stammkeeper. Bei Wolfsburg müssen Sie auf den Punkt bereit sein, wenn Sie Ihre Chance bekommen. Wie gehen Sie mit dieser Rolle um?

Das war auch ein Grund, warum ich diesen Wech- sel gewagt habe. Ich war beim LASK – vielleicht unbewusst – in einer Art Komfortzone. Ich wusste, was ich an diesem großartigen Verein hatte, habe mich sehr wohl gefühlt und hab immer 100 Prozent gegeben, aber ich wollte einen neuen Weg gehen. Ich wusste, hier in Deutschland interessiert es keinen mehr, was ich in Österreich geleistet habe. Ich habe mich dieser Aufgabe gestellt und weiß, dass man auf diesem Niveau auch als zweiter Torhüter sehr viel bewegen kann.

Was genau kann eine Nummer Zwei bewirken?

Die Nummer Zwei macht der Nummer Eins Druck im sportlichen Bereich und kann den Stamm- keeper dadurch pushen und besser machen. Andererseits muss man in meiner Rolle den eigentlichen Kontrahenten unterstützen, da die Position des Torwarts sehr sensibel ist. Ich habe mir vorgenommen, Koen Casteels so zu unter- stützen, wie Alexander Schlager mich beim LASK unterstützt hat, und ich glaube, das funktioniert sehr gut. Nebenbei profitiere ich ja auch von Koen und lerne dazu. Natürlich will man als Profi immer im Einsatz sein, aber ich glaube, wenn ich weiterhin so trainiere, werde ich meine Chancen bekommen.

Der VfL Wolfsburg spielt eine sehr gute Saison und klopft an den Europacupplätzen an. Was zeichnet die Mannschaft heuer aus?


Ich war die letzten beiden Jahre nicht dabei, als das Team Relegation spielen musste und gegen den Abstieg kämpfte. Ich denke aber, dass die Mannschaft aus diesen zwei Jahren sehr viel Kraft mitgenommen hat. Es sind außerdem viele neue Typen dazugekommen, die wie ich sehr positiv sind. Typen, die negative Erlebnisse in diesem Ver- ein nicht kennen, aber aus eigenen Erfahrungen mit anderen Klubs. Wir haben alle aus unseren Karrieren gelernt, bringen dadurch viel in unsere neue Mannschaft ein und tragen dazu bei, dass das Mannschaftsklima passt. Hinter dem Ganzen steckt natürlich ein Team aus Geschäftsführer, Sportdirektor, Trainer und all den Betreuern, die gut zusammenarbeiten.

Was entscheidet in einer Liga wie der Deutschen Bundesliga über Erfolg und Nichterfolg?


Die Liga ist sehr ausgeglichen. Wir sind nicht viel besser als der Klub, der auf Rang 14 liegt, aber 45auch nicht viel schlechter als die Klubs, die vor uns sind, Bayern München vielleicht ausgenommen. In gewissen Situationen braucht man das nötige Glück, man muss es erzwingen. Denn auf diesem Niveau entscheiden die oft zitierten Kleinigkeiten. Das war beim LASK nicht viel anders, aber hier ist es vielleicht noch etwas stärker der Fall. Das habe ich in den ersten Monaten hier in Wolfsburg genau so erlebt.

Sie haben einmal mehr den LASK angesprochen. Was bedeutet Ihnen der Verein noch?
Ich habe den Verein nie losgelassen, weil ich mit ihm beim Aufstieg von der dritten Liga in die Bundesliga mit all den Hürden viel erlebt habe.

Ich hoffe, dass ich diesen Weg mit meinem neuen Klub nicht noch einmal gehen muss (lacht). Ich verbinde mit dem LASK viele tolle Menschen. Sie bedeuten mir viel. Um ehrlich zu sein, bedeuten mir jene am meisten, die ich in den schwierigen Zeiten kennengelernt habe. Heute ist es leicht, ja sogar cool, LASK-Fan zu sein, weil der Verein her-46 vorragend arbeitet und das Team viele Siege ein- fährt. Aber damals war es ganz anders und daran

denke ich sehr gerne zurück. Gerade auch an diese Menschen, die den LASK in einer sehr schwierigen Situation übernommen haben.

Haben Sie schon einmal darüber nachgedacht, ob Sie nach Ihrer Zeit in Deutschland nach Linz zurückkehren wollen?


Da ich mir diesen Traum erfüllen konnte, möchte ich ihn natürlich so lange wie möglich leben und genießen. Das ändert aber nichts an meiner Ver- bundenheit zum LASK. Ich möchte in Deutschland noch sehr viel dazulernen und mitnehmen. So könnte ich für den Fall einer Rückkehr, egal ob als Aktiver oder in einer anderen Funktion, vieles ein- bringen und weitergeben.