„Spaß zu haben ist sehr, sehr wichtig!“


Yevgen Cheberko erzählt im Interview von seiner Fußball-Jugend, dem Unterschied zwischen österreichischem und ukrainischen Profi-Fußball und warum der Spaß am Fußball für ihn nicht zu kurz kommen darf.

 

Wo hast Du mit dem Fußballspielen begonnen?

Ich bin in Melitopol geboren, einer kleineren Stadt im Südosten der Ukraine. Mein erster Verein hieß Spartak, da war ich fünf oder sechs Jahre alt. Mit 13 Jahren bin ich dann nach Dnipro gegangen, eine wesentlich größere Stadt. Dort habe ich ein Sport-Internat besucht. Mit 18 Jahren ist mir dann der Sprung in die erste Mannschaft des FC Dnipro gelungen.

 

Mit 13 Jahren in eine Stadt zu ziehen, die 200 Kilometer von der Familie entfernt ist, stelle ich mir herausfordernd vor.

Ja, es war besonders am Anfang nicht leicht. Wenn ein Training mal nicht so gut gelaufen ist, habe ich mir als ganz junger Spieler viele Gedanken gemacht: Ist das der richtige Weg für mich? Soll ich nicht vielleicht wieder nach Melitopol zurückgehen? Das hat sich aber schnell gelegt, denn das Umfeld im Sport-Internat war super – ich hatte einen tollen Trainer und sehr gute Mitspieler.

 

2017 bist Du von Dnipro zu Luhansk gewechselt, einem der Top-Klubs in der ukrainischen Premier Liga. Wie blickst Du auf Deine drei Jahre bei Luhansk zurück?

Die Zeit bei Luhansk war für meine fußballerische Entwicklung sehr wichtig. Ich würde sagen, dass ich in Dnipro noch „Jugendfußball“ gespielt habe, auch wenn das natürlich trotzdem in der ersten ukrainischen Liga war. Aber bei Luhansk bin ich endgültig zum Profi-Fußballer gereift. Der Konkurrenzkampf war dort viel härter und ich musste lernen, damit umzugehen. Im ersten Halbjahr bin ich kaum zum Einsatz gekommen, doch dann hatte ich die richtige Mentalität entwickelt und ich konnte mehr und mehr Spiele machen. Am Ende war ich Stammspieler.

 

Beim LASK kommst Du auf der Innenverteidiger-Position zum Einsatz – war das schon immer Deine Stammposition?

Nein, ich bin eigentlich erst in den letzten zwei bis drei Jahren zum Verteidiger geworden. Davor habe ich im zentralen Mittelfeld gespielt, auf der Sechs oder Acht. Bei Sorja Luhansk bin ich nach einiger Zeit als Linksverteidiger zum Einsatz gekommen, weil auf der Position Bedarf war. Vor einem Jahr bin ich dann schließlich in die Innenverteidigung gerückt, weil die Position dem defensiven zentralen Mittelfeld ähnlicher ist und ich mich dort sehr wohl fühle.

Du bist jetzt seit knapp sechs Monaten beim LASK – konntest Du schon Unterschiede erkennen zwischen der österreichischen Bundesliga und der ukrainischen Premier Liga?

Der österreichische Fußball ist von einer intensiveren Spielweise geprägt als in der Ukraine. Viele Bundesliga-Teams können gutes Pressing spielen und versuchen, schnell und vertikal ins Angriffsdrittel zu kommen. In der Ukraine dominiert dagegen der Ballbesitz-Fußball, es wird bei weitem nicht so intensiv angepresst wie in Österreich. Das Spielniveau mag ähnlich sein, die Art des Fußballs unterscheidet sich aber sehr.

 

Wie ist es Dir dabei gegangen, Dich an den österreichischen Fußball – und insbesondere an die intensive Spielweise des LASK – zu gewöhnen?

Es war eine echte Herausforderung. Mein Ballbesitzspiel ist sehr gut – eben wegen der Spielweise in der Ukraine. Und natürlich ist das auch beim LASK wichtig, aber andere Bereiche wie etwa das intensive Gegenpressing, das schnelle Umschaltspiel oder das defensive Positionsspiel spielen eine noch größere Rolle. Und daran musste ich mich in den ersten ein bis zwei Monaten gewöhnen. Das Trainerteam und die Mannschaft haben mich dabei echt toll unterstützt – wenn ich einen Fehler mache, heißt es „Macht nix, das kann passieren!“. Und das hat es mir leicht gemacht, unser Spielsystem zu erlernen.

 

Im Mannschaftsbus, in der Kabine, am Trainingsplatz – egal wo, Du scheinst immer gut gelaunt und zu Späßen aufgelegt zu sein. Bist Du der Spaßmacher im Team?

Da haben wir auf jeden Fall mehrere (lacht). Mein Manko ist derzeit, dass ich noch nicht gut genug Deutsch spreche, um Witze zu machen. Aber ja, Spaß zu haben – ob auf oder neben dem Platz – ist für mich sehr, sehr wichtig. Um glücklich zu sein, brauchst du Lebensfreude. Daher versuche ich, immer positiv zu bleiben, gut gelaunt zu sein und mit den anderen Jungs im Austausch zu bleiben. Das fällt mir in unserer Mannschaft sehr leicht, weil die Grundstimmung ganz allgemein sehr gut ist.

Das hat sich auch gleich nach meinem Wechsel zum LASK gezeigt. Für mich war das ein großer Schritt: Ein neues Land, neue Mitspieler, eine neue Mentalität – ich habe mir Gedanken gemacht, wie schnell ich mich in die Mannschaft integrieren kann. Aber gleich vom ersten Tag an habe ich gemerkt: Gar kein Problem! Wir haben einen tollen Zusammenhalt in der Mannschaft und alle bleiben stets am Boden und konzentriert: Wenn wir ein gute Leistung zeigen, hebt garantiert keiner ab. Dasselbe gilt auch dann, wenn ein Spiel einmal nicht wie gewünscht verläuft – dann stellen wir nicht sofort alles in Frage. Harte und kontinuierliche Arbeit, das zeichnet uns aus. Und in so einem Umfeld fühle ich mich sehr wohl.

 

Im Herbst hast Du gegen Ludogorets Razgrad Dein Debüt in der UEFA Europa League gefeiert – und bist gleich ins Team der Runde gewählt worden. Ein toller Einstand, oder?

Um ehrlich zu sein, war ich etwas überrascht, mich im Team der Runde wiederzufinden. Der Dank gebührt da der gesamten Mannschaft. Wir haben in Bulgarien gemeinsam eine starke Leistung auf den Platz gebracht – das hat es mir leicht gemacht, die richtigen Entscheidungen zu treffen und eine gute Partie zu spielen. Wenn andere Mannschaftsteile wie das Mittelfeld oder die Angriffsreihe beinahe alles richtig machen, dann ist es natürlich auch für die Abwehr einfacher, gut zu performen. Das hängt alles miteinander zusammen.

Auch auf Nationalteam-Ebene hast Du einen erfolgreichen Herbst hinter Dir – im Oktober hast Du im Spiel gegen Frankreich Dein Debüt für das A-Nationalteam der Ukraine gefeiert. Wie war das für Dich?

Es war ein schräges Gefühl. Als ich damals in die Ukraine geflogen bin, hat mein Kopf das noch gar nicht richtig verarbeitet – ich bin mit der Vorstellung hingeflogen: „Du fährst jetzt wieder einmal zur U21-Nationalmannschaft.“ Erst als dann die vielen Glückwünsche meiner Familie und Freunde eingetrudelt sind, hab‘ ich es realisiert. In der Auswahl der besten Spieler der Ukraine zu stehen, ist natürlich großartig. Das möchte ich so bald wie möglich wieder erreichen, daran arbeite ich hart.